Photovoltaik in Österreich – 4 strategische Insights für die Branche

Univ.-Prof. Dr. Walter Schertler

Fachkommentar von P8 Strategie-Experte Univ.-Prof. Dr. Walter Schertler

Die Photovoltaikbranche in Österreich befindet sich in einem grundlegenden Wandel. Lange Zeit konnten die PV-Anlagenverkäufer:innen/-Dienstleister:innen mit vollen Auftragsbüchern rechnen und haben entsprechend der hohen Nachfrage ihre Planungs-, Montage- und Lagerkapazitäten ausgebaut. Mit der Zeit haben veränderte Rahmenbedingungen aber schleichend neue Spielregeln für den Erfolg im Photovoltaikmarkt definiert.

PV-Unternehmen, die sich darauf strategisch nicht rechtzeitig ausrichten, laufen Gefahr, im Wettbewerb abgehängt zu werden, mit der Konsequenz, in bedrohliche Umsatzlöcher und Liquiditätsengpässe zu schlittern. Was können - nein müssen - die Geschäftsführer:innen und Unternehmer:innen der PV-Branche in einer solchen Situation tun? Hier meine Branchen-Insights und Empfehlungen aus einem konkreten PV-Fallbeispiel aus der Praxis.

Insight 1: Der Photovoltaikmarkt ändert sich dramatisch

Der Wettbewerb in der PV-Branche in Österreich ändert sich dramatisch - besonders spürbar in den letzten 3-5 Jahren – in zwei Richtungen:

  • Der PV-Markt dreht sich fundamental vom Verkäufermarkt zu einem Käufermarkt und

  • die Struktur des Wettbewerbs wird getrieben von einem „industrial shake-out“, das heißt, die zukünftigen Erfolgsfaktoren für PV-Anbieter:innen liegen zusehends nicht mehr im innovativen technologischen Komponentenbau, sondern in kundenspezifischen Systemlösungen für die Nutzung der Solarenergie.

Meine Empfehlung

Versäumen Sie nicht die PV-Marktkonsolidierung! Sie wird noch schneller stattfinden und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle für PV-Anbieter:innen wie auch für Investoren:innen treiben. Gewinnen werden die PV-Anbieter:innen, die Zielgruppenmärkte, Vertriebskanäle und Kund:innennähe schneller als ihre Mitbewerber:innen mit Markenstärke, Gesamtproblemlösungen, Finanzierungen, Größenvorteilen im Komponenteneinkauf, regionalen Kooperationsnetzwerken mit Installateur:innen entwickeln können. Wenn Sie zu den Gewinner:innen des PV-Strukturwandels zählen wollen, müssen Sie und Ihr Team jetzt beginnen, sich in der PV-Branche anders aufzustellen als in der Vergangenheit. Dazu haben Sie relativ wenig Zeit, denn solche Veränderungsprozesse brauchen mindestens 1-2 Jahre. Dann können sie erst sagen „Ich habe rechtzeitig die Voraussetzungen für den Erfolg in der Zukunft geschaffen!“.

Insight 2: Photovoltaik bleibt ein Zukunftsmarkt – aber nicht für jeden

Trotz Marktverschiebungen bleibt Photovoltaik ein Wachstumssektor: Etwas weniger im Förderungen-orientierten “Häuslbauer-Segment”, verstärkt aber im Gewerbe-/Industrie-Segment. Denn dort führen das Nicht-Erreichen von Klimaziel-Regularien zu entsprechend steigenden Kosten- und Compliance-Aufwendungen, der Hedging-Aufwand volatiler Energiepreise steigen und die Kosteneinsparungseffekte durch PV-Strom nur über eine Gesamtoptimierung der Energiekosten realisiert lässt. Das wiederum spricht für eine langfristige Ausrichtung der Wirtschaftlichkeit und der Nachfrage nach Solarstrom. Doch Wachstum allein ist kein Erfolgsgarant – nur Unternehmen, die ihre Strategie aktiv anpassen, profitieren davon.

Meine Empfehlung

EPCs müssen jetzt strategisch entscheiden, wohin sie sich entwickeln wollen. Wer sich weiterhin nur auf klassische Installation fokussiert, riskiert langfristig eine Randposition. Die Zukunft gehört jenen, die den Wandel aktiv gestalten – mit Innovation, Effizienz und einem klaren Kundennutzen.

Insight 3: Auf Umsatzeinbrüche schnell mit Cost-cutting reagieren!

Bisher galt: Wer liefern konnte, verkaufte auch. Der PV-Markt in Österreich war lange Zeit durch hohe Nachfrage und knappe Verfügbarkeiten geprägt. Das hat sich geändert. Lieferengpässe haben sich aufgelöst, staatliche Förderungen schwinden zunehmend daher auch die seitens der österreichischen Energiepolitik initiierte Öffentlichkeitsarbeit für die PV-Unternehmen.

Neu ist für viele PV-Anbieter, dass die Kund:innen ausbleiben. Das Warten allein hilft nicht. Im Gegenteil: Wer nicht sofort seine Kapazitäten runterfährt, seine Budgetplanung auf Krisenmodus umstellt und weiterhin nur auf Besserung hofft, wird sehr schnell einsehen müssen, dass der mangelnde Umsatz unmittelbar zu einem Ergebniseinbruch führt.

Meine Empfehlung

PV-Unternehmen müssen ihre gesamte Budgetplanung/G+V auf Sanierungskurs ausrichten: Lagerbestände und Mitarbeiter:innen smart steuern, um die Existenzfähigkeit des Unternehmens in naher Zukunft zu sichern.

Insight 4: Keine Panik, sondern Konzentration auf neue Ziele!

PV-Unternehmer:innen brauchen in der momentanen Wettbewerbssituation Fokus auf das Wesentliche und ganz wichtig: keine Panik. Hektische Suche nach Aufträgen, verbunden mit Preisschlachten, um Ausschreibungen zu gewinnen, liegen auf der Hand, sind aber kein Erfolg versprechendes Vorgehen, eine Sanierungsphase erfolgreich zu meistern. Im Gegenteil, sie stehen am Beginn einer gefährlichen Abwärtsspirale des Betriebsergebnisses.

Meine Empfehlung

Liefern Sie sich nicht dem Vorwurf aus: „Seit Sie die Ziele aus den Augen verloren haben, haben Sie Ihre Anstrengungen verdoppelt!“

Haben Sie den Mut, aus dem Alltag auszubrechen und „Sich-Zeit-zu-nehmen“ für die Zukunft. Dann stolpern Sie nicht in die Zukunft, sondern können neue Wege zum Erfolg für Ihr Unternehmen in der Zukunft erkennen. Es rentiert sich, mit Ihrem Team einen Tag „In-Klausur-zu-gehen“, um die neuen Erfolgsgrundlagen im PV-Geschäft zu verstehen und die Dringlichkeit eines neuen Geschäftsmodells zu erkennen!

Über den Autor

Univ.-Prof. Dr. Walter Schertler ist Experte für Strategie und bringt als ehemaliger BCG-Berater, Start-up-Gründer und Aufsichtsrat in mehreren Unternehmen umfassende Praxiserfahrung in strategischer Unternehmensführung und in der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle für den Wettbewerb der Zukunft mit.

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Markus Bischof

Geschäftsführer